Die Pride ist vorbei und wir hoffen, du hattest Spaß 😀 Dieses Mal widmen wir uns einem “etwas” ernsteren Thema. Als Teil der Rainbow Community wollen wir ein wichtiges Thema ansprechen. Es ist wahrscheinlich eine der wenigen Fragen, die uns alle wirklich betrifft.
Im Kundensupport erhalten wir wöchentlich 1-2 traurige Nachrichten von Nutzern über das Ableben von Freunden. Oft wird die Bitte geäußert, Profile zu löschen. Aus der Ferne ist es für uns schwierig, das zu bestätigen. Stattdessen deaktivieren wir das genannte Profil vorübergehend und erkundigen uns informell, ob die betreffende Person noch bei uns ist. Wenn sich niemand meldet, wird das Profil nach einem Monat gelöscht.
Sven, unser Head of Community, sagt: “Es ist keine leichte Aufgabe für unser Support-Team. Aber bisher gab es keine falschen Meldungen. Vielen Dank!”
Gelegentlich kommt es auch vor, dass jemand erbberechtigt ist und das digitale Erbe antreten will. Da sexuelle Inhalte ein Teil von ROMEO sind, gehen wir davon aus, dass es sich um sehr private Chats und Bilder handelt. Deshalb gewähren wir keinen Zugriff auf das Profil. Stattdessen senden wir eine Liste der gespeicherten Freunde und nicht-intime Bilder. Dieser Ansatz hat sich bewährt, denn es geht vor allem darum, Erinnerungen zu bewahren und Freunde auf ROMEO zu erreichen.
Tipps von einem Experten
Wir haben mit Felix Just von Agavio gesprochen, einem neuen queeren Startup aus Berlin. Agavio bietet seit kurzem professionelle Dienstleistungen für die Vorsorge- und Nachlassplanung an.
Wie kam es zur Gründung des Unternehmens?
Einer unserer Gründer, Olaf Alp, hat sich mit dem Thema Social Media Hinterlassenschaften beschäftigt. Was passiert mit meinen Accounts, wenn ich nicht mehr da bin?
Braucht man dafür eine Firma?
Unser Service bezieht sich nicht nur auf digitale Hinterlassenschaften; er umfasst alle Aspekte der Nachlassplanung. Die Herausforderung besteht darin, dass man oft nicht weiß, welche Entscheidungen man treffen soll. Hier bieten wir Unterstützung und leiten unsere Kunden durch alle notwendigen Schritte.
Was macht die Verbindung zur Queerness so besonders?
Zum einen gibt es in der Regel keine biologischen Erben. Und was noch wichtiger ist: Da wir offen schwul sind, fällt es unseren Kunden viel leichter, sensible Fragen zu besprechen.
Hast du Tipps für unsere Nutzer?
Jeder kann sich persönlich vorbereiten. Am besten sprichst du mit einer vertrauenswürdigen Person darüber. Dann steckst du die Anweisungen und Zugangsdaten für ROMEO in einen Umschlag. Verstecke diesen gut und vertraue der Person wirklich!
Triff Dirk!
Du kennst Dirk vielleicht als unseren Sonnenschein von der Rezeption und von unseren Social Media Kanälen. Er macht gerade eine Ausbildung zum Bestattungsunternehmer für die queere Community.
Das war die perfekte Gelegenheit, Dirk über seine Motivation zu befragen, diesen Beruf zu ergreifen, und warum er denkt, dass es heute wichtiger denn je ist, queer-freundliche Bestattungsunternehmen zu haben:
Queere und transsexuelle Menschen sind, nun ja, Menschen. Also werden wir irgendwann sterben. Unsere Kultur und Sprache dringen schnell in den Mainstream ein, und nicht allen fällt es leicht, da mitzuhalten. Als queerer und nicht-binärer Bestatter fällt es mir leicht, darauf zu achten, dass die Pronomen respektiert werden oder dass der Körper eines Transmannes nicht mit dem einer Frau verwechselt wird, weil einige Teile seiner Anatomie nicht zu seiner Geschlechtsidentität passen. In Zukunft wird es immer mehr queere und transsexuelle Menschen geben, also werden sie auch mehr Beerdigungen brauchen. Ich sehe es als meine Aufgabe an, dafür zu sorgen, dass diese Beerdigungen den Verstorbenen würdig sind und ihrer Energie in Frieden und/oder Kraft entsprechen.
Was passiert im schlimmsten Fall mit deinem Profil?
Wenn alles schief geht, gibt es noch eine letzte Absicherung. Wenn sich jemand nicht anmeldet, deaktivieren wir das Profil nach 3 Monaten und löschen es nach einem Jahr endgültig. Du bist also nicht dazu verdammt, als Online-Geist auf ewig nach 🍆 zu suchen. 👻
